Hat Soi Grillbohnen
Der Megafund unserer Vietnam-Gewürzjägerexpedition: Die HATSOI-Grillbohne
HATSOI
Hanoi... Eine wuselige Stadt mit unzähligen kleinen Gassen, in denen es vor Streetfoodküchen und Krämerbuden nur so wimmelt. Die Straßen sind von unzähligen überdachten Ständen gesäumt, die kleinen Apotheken gleichen. In ihnen werden sämtliche Gewürze, Samen und Kräuter als traditionelle Naturheilmittel aus der alten chinesischen Medizin angepriesen. Ein Einheimischen-Tipp, führte uns in einer dieser Straßen zu einem kleinen Laden am Ende der Straße. Hier entdeckten wir einen Sack mit Kirschkern-großen Samen, die uns an Kaffee- oder Kakaobohnen erinnerten und einen faszinierenden, aber undefinierbaren Geruch hatten.
Die betagte Ladenbesitzerin klärte uns auf, dass es sich bei Hatsoi um ein uraltes Heilmittel zur Stärkung der Abwehrkräfte und zur Schmerzlinderung handelt, welches in der regionalen Küche am schwarzen Fluss jedoch auch als Alleingewürz für Grillgerichte sehr geschätzt wird. Doung hieß die gute alte Dame, die quasi zur Fee für die größte Geschmacksentdeckung unserer Vietnamexpedition werden sollte. Sie erzählte uns ausführlich von BBQ-Gerichten und traditionellen nordvietnamesischen Grillmarinaden mit frisch gerösteten und gemörserten Samen des Hatsoi-Baums und das die Früchte dieser wild wachsenden Magnolienart erfahrungsgemäß am intensivsten schmecken, wenn die Bäume älter als 60 Jahre sind. “Ich besorg Euch gern ein paar wirklich gute, ernte frische Samen und zeig euch, wie hervorragend die sich zum Grillen eignen“, war der spontane Vorschlag unserer Gewürzfee, den wir natürlich sofort begeistert annahmen.
Tags darauf stand eine Schale mit rotbräunlich bis schwarzen Hatsoi Samen vor uns, die sie in einer gusseisernen Pfanne kurz anröstete, bis sie schwarz und glasig wurden. Dann nahm sie eine Bohne mit ihren Essstäbchen aus der Pfanne heraus und zündete sie an. Zurückgeworfen brennen sekundenschnell alle Bohnen! Eindrucksvoll löscht sie das Flammenmeer mit einem starken Atemhauch und schüttet die noch warmen Kerne in einen Mörser, gibt eine Handvoll Salzflocken dazu und vermahlt das Ganze zu einer feuchten Panade, mit der sie ein paar Hühnerflügel einreibt und auf einem Rost auf die Holzglut legt. Als wir die wenig später probieren dürfen, wissen wir, dass wir mit Hatsoi einen Riesenfund gemacht haben. Was für ein einzigartiges Umami-Aromenkarussell war das denn?! Eine Bohne, dessen Wohlgeschmack zugleich an Kakao, Heu, Schokolade, Kaffee, Walnüsse, Steinpilze, Waldbeeren und etliche Aromen erinnert und dennoch nicht zu beschreiben ist. Unsere Geschmacksknospen jubelten und die alte Dame verriet uns schließlich auch, wo die meisten Hatsoi-Bäume mit den besten Früchten wachsen. Uns war sofort klar, dass wir dort zur nächsten Wildlese vor Ort sein würden, um Hat Soi zum Hauptdarsteller und Shootingstar unserer Vietnam-Gewürzjägerbox zu küren. Die Vorstellung, dass das mega-Geschmackspotenzial unseres kernigen Superfunds durch eine besondere Röstung, Räucherung oder Salzfermentierung noch aufregender gemacht werden könnte, als es ohnehin schon war, raubte uns regelrecht den Schlaf ... Dann ging es ab Richtung schwarzen Fluss!!
Hatsoi Fundort
Bike Tour von Hanoi über Ninh Binh.
Die Gebiete strecken sich bis zum schwarzen Fluss.
Die Geschichte von Hatsoi
Nach ein paar Erkundigungen und Vorbereitungen hatten wir die neue Route und das Ziel festgelegt. Es ging weiter Richtung Ninh Binh in die Provinz Lac Son. Zwischenzeitlich regnete es und unser Zieldorf war leider nur mit dem beliebtesten Fortbewegungsmittel Vietnams zu erreichen, dem Motorrad. Also warteten wir gemütlich bei einem Käffchen, dass es wieder aufhört zu regnen ... Wir warteten … und warten …
Nach zwei Tagen war es dann endlich so weit! Wir konnten weiterfahren und freuten uns auf dem Weg über immer brauner werdende Kleidung, Sichtschutz und einem Slalom zwischen riesigen Pfützen. Nach einiger Zeit erreichten wir unser Ziel und wurden freudig erwartet. Nach einer herzlichen Begrüßung, Teezeremonie und Vorstellung aller wichtigsten Akteure langten wir endlich an der Quelle an. Wir widmeten uns ganz dem Wissensdrang und fingen zuerst an, mehr über die Geschichte von Hatsoi zu lernen.



Hatsoi wurde aus einer alten Tradition heraus entdeckt: Das Verwerten jeglicher Bestandteile eines Gutes! Nichts wird weggeschmissen! Die Anwohner des Pù Luông Nationalparks nutzten den Magnolienbaum zum Bau Ihrer Hütten. Das Holz ist hochwertig und erzielte auf jedem Markt hohe Preise. Die Früchte des Baums wurden in den Dörfern wiederum zum Grillen verwendet. Ganz nach der guten alten Tradition: Ja nichts verkommen lassen! Magnolienbäume werden über 100 Jahre alt und je älter ein Baum ist, je höher ist der Ertrag an Hatsoi. Die Bäume wuchsen wild im Nationalpark und wurden dementsprechend auch wild abgeholzt. Solange bis es keine mehr gab. Wie so oft in der Geschichte, hatte die Profitgier der Menschen das Gleichgewicht der Natur zum Schwanken gebracht.
Nachdem fast jeder Baum gefällt wurde, verschwand auch naturgemäß Hatsoi für eine lange Zeit von der Speisekarte. Bis auf ein paar Bäume in den Dörfern selbst gab es keine Quelle mehr für dieses wunderbare Gewürz. Alle Wälder in der Umgebung wurden zu einem Nationalpark erklärt und das Abholzen strafbar gemacht. Der Magnolienbaum wurde unter Naturschutz gestellt und die meisten Gebiete des Parks dürfen seitdem nur noch auf Pfaden betreten werden. Was einerseits gut ist, führte andererseits zu einer Verknappung von Hatsoi, bis vor zehn Jahren ein paar Farmer anfingen, den Magnolienbaum in kleinen Baumschulen zu kultivieren und anschließend in den Dörfern zu pflanzen. Was für eine wunderbare Wendung, denn der Absatz von Hatsoi steigt konstant. In ganz Vietnam werden mittlerweile an die 17 Tonnen Grillbohnen produziert, verkauft und genutzt. Die Menge ist nur dem Einsatz kleiner Baumschulen zu verdanken. Auf drei Hektar züchten diese kleine Magnolienbäume, um sie dann ins ganze Land zu verkauft. Mittlerweile gilt es als schick seinen eigenen Baum im Garten zu haben, und lukrativ ist es noch dazu.
Die vietnamesische Küche ist vielseitig und vor allem BBQ wird hier wie eine Religion praktiziert. Viele kleine Restaurants die was auf sich halten grillen und kochen mittlerweile mit Hatsoi! Der Preis schwankt selten und ist wegen seiner Knappheit stetig hoch.
Aber zurück zu unserem Dorf. Hier steht mittlerweile im Garten jeder Familie ein Magnolienbaum. Der älteste unter diesen ist 60 Jahre alt und riesig! Um den Baum zu ernten, benötigt die dortige Familie drei Tage und der Ertrag ist erheblich größer als bei den jüngeren Magnolien. Wir wollten natürlich unsere Grillbohnen von genau diesem Baum und haben uns dementsprechend die Ernte direkt gesichert!
Die Zubereitung
Wie genau muss man Hatsoi eigentlich zubereiten?
An erster Stelle steht: Rösten! Egal wie, ob in der Pfanne oder direkt mit dem Feuerzeug und einem Teesieb. Die Bohnen wachsen durch die Wärme und es treten die ätherische Öle nach außen. Sie fangen an zu schimmern und zu qualmen.
Zweitens: Abfackeln! Die Bohnen müssen brennen! Kein Scherz! Alles Schimmernde sind Öle, die leicht entflammbar sind. Diese müssen brennen, da sonst das Gewürz zu intensiv und bitter schmeckt.
Eine Grillalterative ist es auch, die Bohnen direkt in die Glut zu legen und zu warten, bis diese brennen. Danach muss man nur ein wenig den Ruß abkratzen.
Bereits 10g im Mörser zerstoßener Hatsoi-Beeren (mit der halben Menge an Salz vermischt), reichen aus, um in Minutenschnelle eine perfekte all-in-one Barbecue-Marinade für ca. zwei Kilo Fisch-, Fleisch- oder Gemüse-Grillgut vorzubereiten.
Drittens: Kein Öl! Salz reicht völlig aus, da Hatsoi sehr intensiv ist und von alleine wie eine komplexe Mischung schmeckt.
Außerdem harmoniert die Wunderbohne gut mit Paprikapulver (zum Beispiel für Rubs) oder mit Kurkuma und ist eine tolle Zutat für Currys und Pfeffermischungen.



Hier die schnell Fakten:
Hatsoi muss vor Gebrauch geröstet werden.
Rösten entweder in der Pfanne oder direkt am Feuer, bis die Samen glasig werden und rauchen. Abfakeln nicht vergessen!
Die Samen mörsern.
Mit Salz mixen, nicht mit Öl!
Harmoniert mit Paprika-Rubs, Curry und Pfeffer.